Offene Masterarbeitsthemen

 

Betreuer: Univ.-Prof. Ulrich Ansorge

 

1. Die Attraktion von Aufmerksamkeit unter Bedingungen visueller Dynamik

In vielen Situationen bewegt sich die visuelle Umwelt, etwa beim Autofahren. Wie beeinflusst das die Richtung der Aufmerksamkeit? Einige wenige Grundtatsachen sind bekannt, z. B. dass es beim Autofahren Sinn macht, den Bereich in Fahrtrichtung geradeaus nach möglichen Hindernissen abzusuchen. Aber andere Effekte sind kaum erforscht.

Bedingen vom optischen Flussmuster abweichende plötzliche Lageveränderungen eine automatische Zuwendung der Aufmerksamkeit?

Master-Arbeitsthemen können sowohl mit Datenerhebung bei Realweltnachtfahrten mit Eye-Tracking durchgeführt werden, als auch in kontrollierten Laborexperimenten zur visuellen Suche unter dynamischen Bedingungen.
 

2. Oszillierende Hirnaktivität und visuelles Flackern

Verschiedene Prozesse, etwa Gedächtnisprozesse oder Phasen unterschiedlicher Wachheit, werden von typischer oszillierender, rhythmischer Hirnaktivität begleitet, etwa thetafrequenter Aktivität im Bereich des Gyrus dentatus oder von Alphaaktivität in weiten Bereichen des posterioren Kortex bei geschlossenen Augen. Passen in diesen Frequenzen flackernde visuelle Signale mehr oder minder gut zu den solchermaßen unterscheidbaren Funktionen hirnelektrischer Aktivität?

Wird etwa ein visueller Reiz, der mit Alphafrequenz flackert, leichter oder schwieriger verarbeitet, als ein visueller Reiz, der mit höherer oder niedriger Frequenz flackert? Untersuchungen im Zuge Ihrer Masterarbeit in diesem Bereich erfolgen in Laborexperimenten mit menschlichen (studentischen) Teilnehmer*innen. Unter Umständen können Elektroenzephalographie oder Eye-Tracking sinnvolle Ergänzungen in diesen Versuchen darstellen.
 

3. Die affektive Bedeutung von Farbe im Kulturvergleich

In der Regel werden in westlichen Gesellschaften Farben wie Schwarz oder Rot mit eher negativer affektiver Valenz assoziiert, im Gegensatz zu Farben wie Weiß oder Grün, die eher für positive affektive Valenz stehen. Aber in östlichen Kulturen könnten diese Assoziationen ganz anderer Art sein, so dass z. B. Werbekampagnen, die sich solche Zusammenhänge zunutze machen wollen, scheitern können. Der Fokus Ihrer Masterarbeit läge auf dem Vergleich mit China, einem Land, in dem die Farbe Rot mit positiven Affekten zusammenzuhängen scheint und die Farbe Weiß mit negativen. So werden an Feiertagen rote Umschläge mit Geld verschenkt, die herrschende kommunistische Partei wird durch die Farbe Rot symbolisiert und steigende Börsenkurse werden in Festlandchina rot dargestellt. Die Farbe Weiß ist hingegen die Farbe des Todes. Lassen sich solche zwischen Kulturen vermuteten Farb-Affekt-Assoziationen zweifelsfrei nachweisen? Von welchen Bedingungen hängen die Ausprägungen von Farb-Affekt-Assoziationen innerhalb jeder einzelnen Kultur ab? Das sind Fragen, die in experimentellen Anordnungen im Rahmen Ihrer Master-Arbeiten untersucht werden können.
 

4. Pupillengröße als Ausdruck von Anstrengung

Seit einigen Dekaden ist bekannt, dass Pupillen sich bei mentaler Arbeitslast und unter Bedingungen geistiger Anstrengung weiten. Daher werden jetzt Algorithmen entwickelt, die automatisch erfassen, wie sich die menschliche Pupille in verschiedenen Situationen weitet, um die geistige Belastung durch die in diesen Situationen getätigten Leistungen zu ermitteln. Das ist praktisch, wenn man in Arbeitskontexten ermitteln will, welche Arbeitsbedingungen einfacher, welche schwieriger sind, um so Arbeitsplätze weiter zu optimieren. Aber die Pupillenweite wird auch durch andere Prozesse, wie Helligkeit, Gefühle, Bewertungen oder verschiedene chemische Prozesse beeinflusst. Daher stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen variierender Gefühle oder Helligkeiten usw. die Pupillen außerdem zur reliablen Messung mentaler Arbeitslast verwendet werden können. Diese Fragen können Sie im Zuge Ihrer Master-Arbeit in verschiedenen Szenarien untersuchen, etwa in laborexperimentellen Anordnungen oder in dyadischen Interaktionen zwischen Menschen. Eye-Tracking ist für die Erhebung der Pupillenantworten erforderlich.
 

5. Arbeitsgedächtnis und visuelle Suche

Menschen können erfolgreich willentlich nach Gegenständen in ihrer Umgebung suchen, etwa ihrem Wohnungsschlüssel. Diese Fähigkeit scheint zumindest zum Teil auf Repräsentationen von Merkmalen der gesuchten Gegenstände im Arbeitsgedächtnis zu beruhen. Aber wie suchen Menschen nach mehreren Merkmalen gleichzeitig? Das ist noch unklar. Und werden neben der aktiven Suche auch Prozesse der Unterdrückung von irrelevanten Merkmalen wirksam? Das wird ebenfalls kontrovers diskutiert. Wir untersuchen das durch Experimente, in denen nach einer oder nach zwei Farben gleichzeitig gesucht werden muss. In Ihrer Master-Arbeit können Sie abhängige Variablen wie Eye-Tracking oder Elektroenzephalographie neben Verhaltensmaßen verwenden, um die Natur der an der Suche beteiligten Arbeitsgedächtnisprozesse zu verstehen.

6. Yoga (Achtsamkeit) und Aufmerksamkeit

Es gibt einige Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass Aufmerksamkeit ein zentraler Prozess für die durch Yoga und andere Achtsamkeitsübungen bewirkten Veränderungen sein könnte. Allerdings ist das Forschungsgebiet von großen Inkonsistenzen der Ergebnisse geprägt. Ein Grund könnte sein, dass die Wirkung von Achtsamkeitsübungen auf Aufmerksamkeit bislang theoretisch nicht korrekt und vollständig konzipiert ist. Wir prüfen daher ein neues theoretisches Modell der Wirkung von Achtsamkeitsübungen auf Aufmerksamkeit, in dem Aufmerksamkeit als Steuergröße fungiert und sich Achtsamkeit in einer größeren Flexibilität der Wahl und des Wechsels der Steuergrößen manifestiert. In Master-Arbeiten in diesem Themenbereich können Interventionsstudien und experimentelle Anordnungen kombiniert oder auch wahlweise verwendet werden.

7. Tests auf verheimlichte Information

In Tests auf verheimlichte Information (engl. Concealed Information Tests) wird versucht zu ermitteln, welche Information Menschen absichtlich verheimlichen, etwa wenn Sie über ihre Anwesenheit an einem Tatort befragt werden. Diese Tests sind schon recht gut geeignet, verheimlichte Information zu ermitteln, aber es gibt Luft nach oben. In Ihrer Master-Arbeit würden Sie in experimentellen Anordnungen die Wirkmechanismen in diesen Tests untersuchen und dabei helfen die Tests auf dieser Basis weiterzuentwickeln.

Bitte melden Sie sich gerne auch initiativ mit einem Master-Arbeitsthema, das Sie interessant finden und das hier nicht genannt ist, wenn Sie denken, dass wir Ihnen bei der Entwicklung oder der Umsetzung Ihrer Arbeit helfen können!